Freitag, 1. April 2011
Schönheit
Wieviel Schönheit verträgt der moderne Mensch und Zeitgenosse?


Apfelblüte

Jürgen Kramer: Frauenbildnis 2003, 40 x 40cm, Öl...

(Herbe Schönheit)

1966 fand eine Tagung in Lindau zum Thema "Die nicht mehr schönen Künste" statt, deren Ergebnisse 1968 in Buchform erschienen sind. Die "Schönen Künste" sind am Ende des 20. Jahrhunderts nicht mehr schön. Die Häßlichkeit hat Einzug gehalten in die zeitgenössische Kunst. Vielleicht hängt das ursächlich damit zusammen, daß die Moderne von einem Werteschwund ergriffen ist. Vertragen wir noch das Schöne? Können wir uns noch über Schönes freuen oder überwiegt die Lust am Häßlichen beim Menschen, der augenscheinlich aus der Bahn geworfen ist?
Schönheit

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Moderne und Werteschwund
Der Mensch ist mehr als sein Ich.

Selbstfindung durch Sinnfindung - Selbstverwirklichung durch Werteverwirklichung

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Das Schöne in der Kunst allein
lieferte womöglich nicht mehr alle Antworten auf die Fragen, welche die Moderne aufgeworfen hat. Diese Werteverfall-Perspektive scheint mir zu eindimensional und blendet auch aus, in welchem (z.T. sehr viel restriktiveren) gesamtgesellschaftlichen Umfeldern betimmte Werte früher höher gehalten wurden als heute. Ich würde daher eher von Wertewandel als von Schwund oder Verfall reden, selbst wenn ich nicht alles kritiklos gutheiße, was wir uns an gesellschaftlichen Veränderungen mit der Moderne eingehandelt haben.

Aber machen wir uns doch nichts vor: Das vermeintliche "Schöne, Wahre, Gute" war oft doch auch nicht mehr als eine affirmative Mogelpackung, die den Blick auf eine Menge Elend verstellte.

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Danke
mark793, für diese klaren Worte. Dennoch - frage ich mich "von berufswegen": Was hält uns noch aufrecht? Gibt es Richtwerte? Viele umtreibt Einsamkeit und Verzweiflung, wenn sie nicht den Kopf in den Sand stecken. Immer mehr - in den vergangenen 50 Jahren - dominiert in der Kunst und Literatur und Musik das Apokalyptische. Die Erde, ein Irrstern (Heidegger)? Wo finden wir Halt, wo darf unsere Seele zuhause sein?

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Das ist,
wie man in meinen Kreisen sagt, die 1000-Dollar Frage. Vielleicht hülfe es, sich mit den Gegebenheiten zu arrangieren, wenn wir diesen Irrstern als eine vom Demiurgen geschaffene Illusion betrachteten wie die Gnostiker. Oder wenn wir "einen Kurs in Wundern" beherzigten, der uns lehrt, unser Leid resultiere auf der vom Ego aufrechterhaltenen vermeintlichen Trennung vom Göttlichen. Ich kann das nicht in wenigen Worten wiedergeben, zumal sich das, wenn man anfängt, sich damit zu beschäftigen, widersprüchlich und sperrig darstellt wie eine Sammlung von zen-buddhistischen Koans. Aber eines ist mir - losgelöst von irgendwelchen Religionen, Weltanschauungen oder Philosophien - inzwischen gewiss, nämlich dass es eine Art von Drüben gibt und das Hüben nicht alles ist. Seitdem mir diese Gewissheit geschenkt wurde (und zwar durchaus nicht mit netter Geste, in Geschenkpapier verpackt und mit Schleife drum), bin ich nicht mehr so tief in das Loch der Verzweiflung gefallen.

Aber lässt sich daraus für die Allgemeinheit, für die Gesellschaft oder für die Kunst etwas ableiten? Ich weiß es wirklich nicht - sonst würde ich wohl eine Sekte gründen. ;-)

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Have Mercy On Us
mark793 "...inzwischen gewiss, nämlich dass es eine Art von Drüben gibt und das Hüben nicht alles ist. Seitdem mir diese Gewissheit geschenkt wurde..."

Gott schweigt.

Oder. Vielleicht spricht er ja auch durch viele Münder, die wir Engstirnigen nicht wahrnehmen wollen. Vielleicht ist das kleinste Insekt schon der ganze Kosmos seiner Botschaft? Wir Menschen sind arm, arm in unseren Fantasien, arm in unseren denkbaren Möglichkeiten. Lord, Have Mercy On Us. Dies ist kein christliches Posting, sondern ein Existentielles! Ist das ein Unterschied?

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Begrifflich schon,
ansonsten möchte ich meinen vorigen Kommentar auch nicht als christlich (oder sonstwie religiös), sondern eher als Existenzielles betreffend verstanden wissen. Im Sinne von DA IST WAS, irgendein übergeordneter oder paralleler (wer kann das schon genau sagen) Zusammenhang, der nicht zwingend die Existenz eines Gottes nahelegt.

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Was soll denn DA sein? Woher Gewissheit nehmen? Und bitte nicht soviel Demutsgeschwafel (sorry, das musste mal raus). Der Mensch ist sicher nicht allmächtig (wie könnte er das auch sein!), aber es besteht auch kein Anlass weinerlich in den Staub zu sinken angesichts der verstörenden, unfassbaren Realität des uns umgebenden Kosmos. Leben bedeutet (auch) Kraft und Zuversicht!

Zitat: "Zu einem vollkommenen Menschen gehört die Kraft des Denkens, die Kraft des Willens, die Kraft des Herzens." Ludwig Feuerbach

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Ich bezog mich da auf die Frage des Hausherrn,
wo finden wir Halt, und den brauchen wir doch vor allem dann, wenn Kraft und Zuversicht sich mal wieder etwas rar machen. Von daher kann Kraft und Zuversicht doch nicht die Antwort auf die Frage sein. In Demut und Weinerlichkeit habe ich keine Aktien drin, aber solch hohles Übermenschen-Gewichse kann man sich meinetwegen auch in die Haare schmieren.

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Wo bitte ist denn dieses "hohle Übermenschen-Gewichse" zu finden? Im Übrigen eine überaus eloquente Formulierung, wenn ich mir diese Bemerkung mal so gestatten darf...

Ich dachte wenigstens in diesem Blog wäre man vor derartigen Entgleisungen und Anspielungen sicher....

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Naja,
zum Beispiel in diesem Zitat vom vollkommenen Menschen, das vor lauter Kraft kaum laufen kann.

Nachtrag:Ich habe hier im Übrigen schon kommentiert, lange bevor irgendwelche GG-Foristen hier aufgeschlagen sind. Aber wenn die durchgestrichene Anspielung Ihre kernige Gefühlswelt so gar nicht trifft, kann ich mich gerne dafür entschuldigen (oder die Formulierung auch zurückziehen, denn eigentlich bin ich nicht hier, um Godwins Law zu bestätigen - aber auch nicht, um eine ernstzunehmende Diskussion als "Demutsgeschwafel" dissen zu lassen).

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Blödsinn!
Haben Sie sich schonmal mit Ludwig Feuerbach auseinandergesetzt? Vollkommenheit darf man (wenn man sich an dem Begriff stört) auch gerne gegen "vollständig", "in sich ruhend" oder Ähnliches ersetzen. Der unsägliche, konstruierte KdF-Bezug ärgert mich ebenfalls.

Streben Sie in Ihrem Denken und Handeln etwa nicht nach Vollkommenheit?

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Entschuldigung ist nicht nötig...
"Demutsgeschwafel" bezog sich auf folgende Formulierung des Raben (er kann damit umgehen, ich weiß das): "Wir Menschen sind arm, arm in unseren Fantasien, arm in unseren denkbaren Möglichkeiten. Lord, Have Mercy On Us."

Entsteht eigentlich automatisch eine Art Online-Hierarchie, wenn man länger als andere in einem Blog oder Forum geschrieben hat? Und warum sollte man sich als User auf diese Hierarchie berufen wollen, um andere zu disziplinieren? Eine solche kleingeistige Einstellung kannte ich bisher nur von den GG.... :o))

Artifizielle Hierarchien muss ich übrigens aufgrund meiner inneren Überzeugung ablehnen.

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Ehrlich gesagt
mehr so im Sinne, "wer immer strebend sich bemüht...", aber Vollkommenheit als aktiv und permanent zu erarbeitendes Ziel ist mir zu abstrakt. Ich will noch besser werden in vielerlei Hinsicht, aber die vollkommenen Momente, in denen alles stimmt und passt, sind eher Geschenke als hart erarbeitet.

@Feuerbach: Nur im Rahmen der Atheismus-Frage und dem Zusammenhang Projektion.

Ich habe die Anspielung übrigens zurückgezogen. Sie waren mir da oben etwas zu breitbeinig reingegrätscht in die Unterhaltung, da wollte ich schon ein klares Signal des Unbehagens senden. Es ist angekommen, und damit kann ich das auch auf sich beruhen lassen.

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"zu breitbeinig reingegrätscht "
Du lieber Himmel, und ich Naivling dachte, das Web wäre ein von solchen gesellschaftlichen Maßregelungen weitgehend befreiter Raum... ;o)

Geht doch wirklich nichts über reale Gespräche mit echten Menschen in der tatsächlichen Welt, oder?

Ich wünsche hiermit allen anwesenden Usern eine gute Nacht...

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Och,
hat beides seine spezifischen Vor- und Nachteile. Hier im Web riechen die Leute zum Beispiel nicht nach Bier, selbst wenn sie welches intus haben. Das finde ich gar nicht so schlecht. Im Übrigen hat sich bei mir da über die Jahre eine gewisse Schnittmenge gebildet von Leuten aus dem Netz, die ich auch in der Kohlenstoff-Sphäre treffe.

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Feuerbach? Das fehlt hier gerade noch, dass diese linkshegelianerische Ideologie nebst Materialismus noch angepriesen wird. Wenn etwas der künstlerischen Lebensart widerspricht, dann ist das doch das gesamte Terrain des Materialismus, mutkunst, du bist da echt in eine Sackgasse mit Deiner Weltanschauung geraten.

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Sackgassen? Komplementarität!
@ Rabe

Ich akzeptiere Deine Meinung und auch Deine Weltanschauung, die mir in mehreren Punkten mindestens ebenso zweifelhaft erscheint, wie Dir die meine. Es gibt mehrere Sackgassen. ;o)

Das "gesamte Terrain des Materialismus" pauschal abzuqualifizieren erscheint mir nicht richtig und auch ein Stückweit weltfremd. Jeder Einzelne von uns ist AUCH Materie.

Die Bestandteile die Du für die Erschaffung Deiner Kunst benötigst (Farben, Pinsel, Leinwand, Holzrahmen etc.) sind plumpe, grobstoffliche Materie. Erst Durch das Malen, durch diesen kreativen Akt, lässt Du als Künstler das geistige, seelische Element einfließen.

Wo ist also der Widerspruch zwischen Materie und Geist? Ich denke dieser wird fälschlich, artifiziell herbeigeredet; es sind lediglich zwei Dimensionen unseres Daseins innerhalb einer multidimensionalen Welt. Sie verhalten sich komplementär zueinander!

Einen radikalen, ausschließlichen Materialismus zu predigen, das käme mir nie in den Sinn. Genausowenig würde ich behaupten, das ALLES feinstofflich, das alles GEIST ist. Beide Extreme könnten die Komplexität der menschlichen Existenz nicht vollständig beschreiben.

Wer hat die ultimative Wahrheit gepachtet? Niemand! Deswegen sollte auch jedwede Form der weltanschaulichen Missionierung unterlassen werden.

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Ist der Streit der "Vater aller Dinge"?
Jetzt aber mal sachte. Ich habe zur Kenntnis genommen, mutkunst, dass Du diese Feststellung:

"Wir Menschen sind arm, arm in unseren Fantasien, arm in unseren denkbaren Möglichkeiten."

als "Demutsgeschwafel" bezeichnet hast. Hast Du garkeine Antenne für die leisen und zerbrechlichen Seiten des Lebens? Bist Du schon soweit im materialistischen und wissenschaftsgläubigen Sumpf gefangen, dass Du den Menschen nur noch als einen kraftstrotzenden Übermenschen haben möchtest?

Das hier im übrigen: bezog sich auf meine Aussage: "Gott schweigt.
Oder. Vielleicht spricht er ja auch durch viele Münder, die wir Engstirnigen nicht wahrnehmen wollen. Vielleicht ist das kleinste Insekt schon der ganze Kosmos seiner Botschaft? "


Also wenn ich eine Bitte äußern dürfte, dann die um mehr Sensibilität.

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Hier finde ich dieses Bildzitat ganz gut aufgehoben

http://www.zweitseele.de/assets/images/db_images/db_der_Eine_und_der_Andere_20101.jpg
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Die Gottesanbeterin ist auch eine schöner (!) Hinweis auf das
scheinbare Naturgesetz von Fressen und Gefressen werden.

Wenn Mensch das zumindest für seine eigene Art überwindet,
erst dann ist eine wesentliche Entwicklung zu verzeichnen.

Bis dahin bleiben wir Versuchskaninchen in Gottes Allwetterzoo.

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Rilke:
"Denn das Schöne ist nichts
als des Schrecklichen Anfang, den wir noch gerade ertragen."

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Falsches Medium
Lieber Rabe,

Internet-Foren (und Blogs) sind, das weiß ich inzwischen, das völlig falsche Medium, um kontroverse Diskussionen zu führen. Es gibt eben Themen, die kann man nur von Angesicht zu Angesicht erörtern. Das kurze geschriebene Wort scheint mir dafür völlig ungeeignet: Zu viele Fehlinterpretationen, zu viel selektive Wahrnehmung (auf allen Seiten). Beispiel:

- Es ist jetzt bereits zweimal passiert, dass mir der Begriff "Übermensch" untergejubelt wurde, obwohl ich diesen Terminus selbst nicht verwendet habe und auch nicht verwenden würde, da ich ihn wirklich schrecklich finde.

- Anzunehmen, dass Jemand bedingungsloser Anhänger eines bestimmten Denkers oder einer bestimmten philosophischen Richtung ist, nur weil man ein einziges Zitat gepostet hat, ist, in meinen Augen, doch recht fahrlässig.

Das persönliche Gespräch ist einfach viel flexibler, dynamischer, angemessener für solche intellektuellen Auseinandersetzungen. Ich würde mich wirklich freuen, wenn es eines Tages dazu käme.

Mehr Sensibilität, ok, ich werde daran arbeiten. Ist doch eine wunderbare Sache, nach dem Besseren zu streben, nicht wahr? ;o)

Herzliche Grüße!

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Lieber mutkunst,
ich möchte nichts anderes, als eine gewisse Sensibilität für die innere und äußere Not des Menschen heute. Dass Leid in der Welt ist, ist ja wohl kein Diskussionspunkt. Das ein Ursachefaktum der Fortschrittswahn des vergangenen Jahrhunderts ist, dahin muß man sich vorarbeiten.
Das nicht mehr alles machbar ist, was machbar scheint, ist eine neue Erkenntnis der letzten Jahrzehnte. Die Welt hat Grenzen bekommen. Das ist die neue Situation - äußerlich.

Innerlich ist der Mensch stigmatisiert durch Nietzsches Diktum "Gott ist tot". Seitdem ist ein Schweigen in der Welt, an welchem viele irre werden.
Aber noch redet die Kunst in einer sehr empfindlichen Sprache. Viele prognostizieren ihr Verstummen, weil Profit und fortschreitende Grobschlächtigkeit (Abstumpfung) zunehmen.

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"Gott ist tot".
Warum warnt Nietzsche vor einen um sich greifenden Nihilismus?

"Gott ist tot" bedeutet, dass der bis zur Neuzeit übliche zweifellose und kollektive Glaube an Gott verschwunden ist.
Nietzsche warnt vor dem Verlust der christlichen Ethik und fürchtet einen gnadenlosen Wettstreit, bei dem die Schwächsten auf der Strecke bleiben.

@Rabe, damit keine Übermenschen entstehen, Menschen die in ihrer Selbstvervollkommnung, alles andere auch die Schwachen vergessen, darauf hat die Kunst zu achten.

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