Sonntag, 3. Juli 2011
Ab einem gewissen Lebensalter
macht man sich Gedanken über den eigenen Lebensentwurf. Mit dem vierten, fünften oder sechsten Lebensjahrzehnt werden depressive Momente immer unerträglicher. Das Leben vertan, verpfuscht oder mißlungen sind dann oft der Gehalt von Grübeleien, die alle positiven Erwägungen übertreffen. Samuel Beckett erklärte das Scheitern als Sprachraum des wahren Künstlers (Bram van Velde). Egal, ob das nur als eine existentialistische Geste hingenommen wird, Tatsache bleibt, daß der Weg zur Welt des unumstößlichen positiven Fortschritts für sensible Naturen versperrt ist.
Ab einem gewissen Lebensalter

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Existiert überhaupt so Etwas wie ein "unumstößlicher positiver Fortschritt"? Das Dasein eines jeden Individuums gleicht doch (mal mehr mal weniger) einer Achterbahn, ein ständiges auf und ab...

MorGEn kann man dann im Netz Interessantes, Substanzielles Lesen, das die eigene Laune wieder etwas hebt, und zwar hier: http://www.herrkules-magazin.de/

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Das Dumme am Fortschritt ist, daß, wo er in der Gegenwart vermeintlich erfolgt, er in erster Linie von der Entwicklung der Technik bestimmt wird. Die Technik aber übersteigt in ihren Entwicklungsprozessen die Machenschaften des Menschen. Die Technik ist potentiell immer ausser Kontrolle, weil ihre Entfaltung nicht steuerbar ist.

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Sind im vierten, fünften oder sechsten Lebensjahrzehnt noch plötzliche Kurswechsel möglich, alles, was man bis zu diesem Punkt gemacht/geschaffen hat, aus einem neuen Blickwinkel zu sehen und Dinge zu unternehmen, die man nie zuvor getan?

Oder ist ab einem gewissen Punkt Schluss? Siegen die Physis und die Zeit? Bleibt nur Depression?

Dazu der Klassiker von Kafka:
Kleine Fabel

»Ach«, sagte die Maus, »die Welt wird enger mit jedem Tag. Zuerst war sie so breit, daß ich Angst hatte, ich lief weiter und war glücklich, daß ich endlich rechts und links in der Ferne Mauern sah, aber diese langen Mauern eilen so schnell aufeinander zu, daß ich schon im letzten Zimmer bin, und dort im Winkel steht die Falle, in die ich laufe.« – »Du mußt nur die Laufrichtung ändern«, sagte die Katze und fraß sie.

Im Gegensatz dazu der Satz von Joseph Beuys:
"Hier ist es klar, daß das Bewußtsein ohne den Tod unmöglich ist. Das heißt, daß ich nur dann bewußt bin, wenn ich gegen eine Ecke stoße, eine harte Kante. Wenn ich mit meinem Kopf gegen eine harte Kante stoße, dann wache ich auf. Mit anderen Worten: Der Tod hält mich wach."

Ich rechne damit, ab 70 ersteinmal so langsam zum Wesentlichen vorzustoßen.
Und: Zeit verschwenden - das geht gar nicht.

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Man dreht und wendet sich, aber es gibt keinen Weg an der Tatsache vorbei: Leben heißt Leiden. Und die Glücksmomente sind auch nicht tragfähig, denn sie gehen nur allzuschnell vorbei. Daß einige Philosophen aus diesen Umständen ein heroisches Standhalten im Dasein (Nietzsche) gemacht haben, überrascht kaum.

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Leben heißt Leiden überwinden.

Von den Geburtsjahrgängen ab 1950 aufwärts sterben inzwischen viele
sehr weit vor dem 70. Lebensjahr, ohne gelebt und gewirkt zu haben.

Was nützt es, der reichste und/oder der bekannteste Leichnam auf dem Friedhof zu sein?

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