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Sonntag, 10. Mai 2009
Die Bedeutung des gewesenen Griechenlandes für Heutige
rabe500, 08:16h
Die Bedeutung des gewesenen Griechenlandes für Heutige
„Aber die Thronen, wo? Die Tempel, und wo die Gefäße,
Wo mit Nectar gefüllt, Göttern zu Lust der Gesang?
Wo, wo leuchten sie denn, die fernhintreffenden Sprüche?
Delphi schlummert und wo tönet das große Geschick?“
Hölderlin, Brod und Wein
Dieses aus einer großen Verlassenheit aufsteigende, schmerzlich
Rufende „Wo?“ – was sucht dieses Fragen? Was erblickt der Dichter
Im Rufen? Die Flucht der Götter und mit ihr die Verödung des
Wohnens der Menschen, das Leere ihrer Werke, das vergebliche ihrer Taten.
Dabei wagt sich der Blick in das gewesene Griechenland ohne die
Stütze einer wirklichen Erfahrung der Inselwelt. Weshalb bedurfte es Hölderlin
einer solchen Erfahrung nicht? Vielleicht, weil er noch weiter vorausblickte
in die Ankunft des kommenden Gottes, so dass erst im Raum dieses Vorblickes
das Gewesene die ihm eigene Gegenwart erlangte. Dann entsprang
das dichterische Rufen keineswegs einer bloßen Verlassenheit,
sondern der alle Not überspringenden Zuversicht auf ein Kommendes?
Dieses naht sich nur und währt für ein inständiges Rufen. Hören wir Heutigen
noch den Ruf? Verstehen wir, dass solches Hören ein Mitrufen sein muß – vollends
gar in einer Menschenwelt, die am Rand der Selbstzerstörung entlang rast,
deren Machenschaften jedes Rufen überlärmt und ins Nichtige abdrängt?
Martin Heidegger, GA. Bd. 75, 215
Die Bedeutung des gewesenen Griechenlandes für Heutige
„Aber die Thronen, wo? Die Tempel, und wo die Gefäße,
Wo mit Nectar gefüllt, Göttern zu Lust der Gesang?
Wo, wo leuchten sie denn, die fernhintreffenden Sprüche?
Delphi schlummert und wo tönet das große Geschick?“
Hölderlin, Brod und Wein
Dieses aus einer großen Verlassenheit aufsteigende, schmerzlich
Rufende „Wo?“ – was sucht dieses Fragen? Was erblickt der Dichter
Im Rufen? Die Flucht der Götter und mit ihr die Verödung des
Wohnens der Menschen, das Leere ihrer Werke, das vergebliche ihrer Taten.
Dabei wagt sich der Blick in das gewesene Griechenland ohne die
Stütze einer wirklichen Erfahrung der Inselwelt. Weshalb bedurfte es Hölderlin
einer solchen Erfahrung nicht? Vielleicht, weil er noch weiter vorausblickte
in die Ankunft des kommenden Gottes, so dass erst im Raum dieses Vorblickes
das Gewesene die ihm eigene Gegenwart erlangte. Dann entsprang
das dichterische Rufen keineswegs einer bloßen Verlassenheit,
sondern der alle Not überspringenden Zuversicht auf ein Kommendes?
Dieses naht sich nur und währt für ein inständiges Rufen. Hören wir Heutigen
noch den Ruf? Verstehen wir, dass solches Hören ein Mitrufen sein muß – vollends
gar in einer Menschenwelt, die am Rand der Selbstzerstörung entlang rast,
deren Machenschaften jedes Rufen überlärmt und ins Nichtige abdrängt?
Martin Heidegger, GA. Bd. 75, 215
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