Mittwoch, 6. Mai 2009
Rangsdorfer Manifest
Rangsdorfer Manifest


Die Sonne verdunkelt sich.
In einem solchen Universum der lädierten, ins Ableben gestylten Seele, ist diese lediglich noch Teil einer Kultur des menschlichen Defizits. Die Kunst ist kaputt, die moderne Seele gleichermassen.

Ein Sektor, der den Menschen zu bauen einst zur Aufgabe erkannte, verkommt zum buntblöden Nihilismus. Solche Kultur, vom Größenwahn der Technik und verproletarisierten Massenmedien in ihren Grundfesten verunstaltet, gerät zum Synonym debiler Konsumsüchte. Sucht und Geld sind Fundament eines menschenfeindlichen Kosmos degenerierten Fortschritts geworden. Eine europäische Zivilisation unter solchen Konditionen nähert sich im Laufschritt ihrem Untergang. Am Ende intoniert das Bildnerische unter der Fuchtel neodadaistischen Krimskrams gegenwärtig höchstens noch sein Requiem des Niedergangs. Alles in allem: Leben hat den Börsengang nicht überlebt.

Das Schlimmste zeichnet sich in aller Drastik ab: konventionelle Alternativen, zwischen Restauration und Revolution konzipiert, agieren neuerdings als brisanteste Stichwortgeber einer Kultur der gelebten Hölle, ohne dass Zeitgenossenschaft noch die Sensibilität besässe, dies zu empfinden.

Ein amerikanisierter Westen als Garant der neuen Barbarei . ein islamischer Orient als deren Vollstrecker - verunstalten das einstige Europa des Geistes in einen kolonialen Albtraum materialistischer Seelenlosigkeit. In dieser perversen Akrobatik des Untergangs brennt die Frage nach den Chancen spirituellen Überlebens.

Dieser zum Irrstern verkommene menschenfeindliche Planet des Geistes bedarf der Läuterung durch eine Katharsis im Resthumanen. Nur noch ein radikaler Paradigmenwechsel im Kulturell-Künstlerischen kann rettende Chance sein. Ein verwandelter Mensch, jenseits der Ruinen modernen Seelendesigns, die künstlerisch neugeformte Heimat findend, ist Aufgabe der Gegenwart. Die sich abzeichnende menschliche Apokalypse mittels einer zurückgekehrten gereinigten Kunst und Kultur abzuwenden und daran zu arbeiten tut Not, denn die Dramatik der Degeneration irdischen Lebens in dieser Un-Welt ist umfassend.

Die Kunst kann noch intervenieren, wenn sich in ihr eine neue Besinnung und Verinnerlichung vollzieht. Aber um blosses Überleben geht es dabei schon lange nicht mehr: Das Ganze steht auf dem Spiel.

Rangsdorf / Berlin, 1. Mai 2009

Jürgen Kramer
Rangsdorfer Manifest

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