Sonntag, 6. November 2011
Das Tier und der Mensch
rabe500, 11:23h
Jedes Bild des Tieres, das wir uns machen, ist zugleich auch indirekt ein Menschenbild.
Joseph Bernhart hat seinerzeit eine tiefsinnge Schrift verfaßt: DIE UNBEWEINTE KREATUR, Reflexionen über das Tier, München 1961
Darin heißt es:
"Das Tier veranschlagen die Zeiten und Menschen
verschieden je nach ihrem Weltbegriff und ihrer
Einschätzung von menschlichem Sein und Sollen.
Sie greifen zu nieder, wenn sie das Geheimnis in
der Verfassung von Mensch und Tier verkennen,
und bewirken durch eine falsche Theorie vom
Tier (wie bei Descartes) auch seine rohe, unmensch-
liche Behandlung. Sie greifen zu hoch, wenn sie
den Unterschied leugnen und Mensch und Tier zu-
gleich vergewaltigen: indem sie das Tier vermen-
schen, den Geist des Menschen aber als das große
Unglück der "Weltentwicklung verleumden. Man
kennt die Folgen eines solchen Dammbruches: das
Tier wird vom Menschen beneidet um die naive
Sicherheit seiner Existenz; der Instinkt und das
»Jenseits von Gut und Böse« kommen in den Vor-
rang vor der Plage unserer verantwortlichen Frei-
heit; das Raubtier wird zum Modell des wün-
schenswerten Menschen; der ewige Bankrott der
Ideale treibt (wie bei Machiavelli) zur zynischen
Erhebung des Tieres über den Menschen. Dann
verirren sich auch die Dichter vom großen, tiefen
Sinn der Tiergeschichte zu abgeschmackten Phan-
tasien eines Zwischenreiches scheinmenschlicher
Fratzen. Dann kommt es zu der Perversion, die ein
solcher Autor in einem Briefe an Galsworthy ver-
treten hat: »Suche nur immer das Tier zu ver-
menschlichen, so hinderst du den Menschen am
Vertieren.« Oder sollte nicht diese Sublimierung
des Tieres ins Menschliche eben auch die feinste
Form der Vertierung des Menschlichen sein?
(152 / 153)
Das Tier und der Mensch
Joseph Bernhart hat seinerzeit eine tiefsinnge Schrift verfaßt: DIE UNBEWEINTE KREATUR, Reflexionen über das Tier, München 1961
Darin heißt es:
"Das Tier veranschlagen die Zeiten und Menschen
verschieden je nach ihrem Weltbegriff und ihrer
Einschätzung von menschlichem Sein und Sollen.
Sie greifen zu nieder, wenn sie das Geheimnis in
der Verfassung von Mensch und Tier verkennen,
und bewirken durch eine falsche Theorie vom
Tier (wie bei Descartes) auch seine rohe, unmensch-
liche Behandlung. Sie greifen zu hoch, wenn sie
den Unterschied leugnen und Mensch und Tier zu-
gleich vergewaltigen: indem sie das Tier vermen-
schen, den Geist des Menschen aber als das große
Unglück der "Weltentwicklung verleumden. Man
kennt die Folgen eines solchen Dammbruches: das
Tier wird vom Menschen beneidet um die naive
Sicherheit seiner Existenz; der Instinkt und das
»Jenseits von Gut und Böse« kommen in den Vor-
rang vor der Plage unserer verantwortlichen Frei-
heit; das Raubtier wird zum Modell des wün-
schenswerten Menschen; der ewige Bankrott der
Ideale treibt (wie bei Machiavelli) zur zynischen
Erhebung des Tieres über den Menschen. Dann
verirren sich auch die Dichter vom großen, tiefen
Sinn der Tiergeschichte zu abgeschmackten Phan-
tasien eines Zwischenreiches scheinmenschlicher
Fratzen. Dann kommt es zu der Perversion, die ein
solcher Autor in einem Briefe an Galsworthy ver-
treten hat: »Suche nur immer das Tier zu ver-
menschlichen, so hinderst du den Menschen am
Vertieren.« Oder sollte nicht diese Sublimierung
des Tieres ins Menschliche eben auch die feinste
Form der Vertierung des Menschlichen sein?
(152 / 153)
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pito,
Montag, 7. November 2011, 23:36
Mensch wie Tier sind lebendige Kreaturen, die sehr vieles gemeinsam haben und sich sehr nah sind. Doch sie unterscheiden sich in ihrem Wesen. Der Mensch hat einen Schritt vollzogen, den das Tier nicht gemacht hat (mutmaßlich in Bezug auf manche Arten), einen Schritt ins Fragen, Denken, Überblicken.
Sicher kann der Mensch sich dieses Wesensunterschiedes jedoch nicht sein. Es ist, als habe er zwar einen Schritt gemacht, stünde aber doch noch auf einer Schwelle. Individuelle Rückfälle sind möglich, genauso wie individuelles Fortschreiten; ein Schwanken, welches das Tier nicht kennt.
Sicher kann der Mensch sich dieses Wesensunterschiedes jedoch nicht sein. Es ist, als habe er zwar einen Schritt gemacht, stünde aber doch noch auf einer Schwelle. Individuelle Rückfälle sind möglich, genauso wie individuelles Fortschreiten; ein Schwanken, welches das Tier nicht kennt.
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