Samstag, 27. Dezember 2008
"Modernität"
rabe500, 19:56h
Günter Figal schreibt in der Einleitung des Kapitels " Modernität" in seinem Buch "Der Sinn des Verstehens" (Reclam 1996):
"Modernität entspringt aus Distanzerfahrung: daraus, daß
die Gegenwart vom Vergangenen durch einen Riß getrennt
ist. Was besteht oder getan wird, ist für die Modernität in
ganz prägnanter Weise »jetzt«; es ist gegenwärtig und allein
schon darin anders als das Gewesene, wie ähnlich es ihm bei
anderer Betrachtung auch sein mag. Modernität heißt, sich
im Kontrast zu verstehen: im Sinne des Neuen gegenüber
dem Alten - und dann auch im Sinne des Aufgeklärten ge-
genüber der Befangenheit in Geschichten, in religiösem
Wahn und religiöser Naivität, technischem Unverstand und
überhaupt befremdlicher Denkweise; doch auch im Sinne
des Entzauberten, Verminderten, der Fülle des Lebens Be-
raubten, gegenüber den vergangenen Zeiten, die vermeint-
lich besser gewesen sind.
All diese Selbsteinschätzungen sind fragil - allein schon
durch das Vergehen der Zeit: Was jetzt ist, bleibt nicht jetzt,
sondern fällt ins Gewesene und so in Distanz. Immer wieder
muß, was jetzt ist und gelten soll, neu festgestellt, bekräftigt
oder beklagt werden. Weil das Gegenwärtige vergeht und
fremd wird, aber die Gegenwart bleibt, zeigt das Gegenwär-
tige sich immer neu als das Neue; und so kommt es auch, daß,
optimistisch betrachtet, die Zeiten anscheinend immer aufge-
klärter, immer kommoder, daß sie, pessimistisch betrachtet,
anscheinend immer verlorener und verwahrloster werden."
"Modernität"
"Modernität entspringt aus Distanzerfahrung: daraus, daß
die Gegenwart vom Vergangenen durch einen Riß getrennt
ist. Was besteht oder getan wird, ist für die Modernität in
ganz prägnanter Weise »jetzt«; es ist gegenwärtig und allein
schon darin anders als das Gewesene, wie ähnlich es ihm bei
anderer Betrachtung auch sein mag. Modernität heißt, sich
im Kontrast zu verstehen: im Sinne des Neuen gegenüber
dem Alten - und dann auch im Sinne des Aufgeklärten ge-
genüber der Befangenheit in Geschichten, in religiösem
Wahn und religiöser Naivität, technischem Unverstand und
überhaupt befremdlicher Denkweise; doch auch im Sinne
des Entzauberten, Verminderten, der Fülle des Lebens Be-
raubten, gegenüber den vergangenen Zeiten, die vermeint-
lich besser gewesen sind.
All diese Selbsteinschätzungen sind fragil - allein schon
durch das Vergehen der Zeit: Was jetzt ist, bleibt nicht jetzt,
sondern fällt ins Gewesene und so in Distanz. Immer wieder
muß, was jetzt ist und gelten soll, neu festgestellt, bekräftigt
oder beklagt werden. Weil das Gegenwärtige vergeht und
fremd wird, aber die Gegenwart bleibt, zeigt das Gegenwär-
tige sich immer neu als das Neue; und so kommt es auch, daß,
optimistisch betrachtet, die Zeiten anscheinend immer aufge-
klärter, immer kommoder, daß sie, pessimistisch betrachtet,
anscheinend immer verlorener und verwahrloster werden."
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