Montag, 9. Mai 2011
Poesie: Die Muse der Dichtkunst, Terpsichore, und Raffaels Parnaß:


" Raffaels "Parnaß"-Fresco (ca. 1510) in der Stanza della Segnatura des Vatikan an einer schmaleren Fensterseite zwischen der "Disputa" und der "Philosophenschule von Athen" gibt ein Gesamtpanorama der Kunst, insbesondere der Dichtung, zentriert an Apollon und den neun Musen.

Apollon Musagêtês ("Musenführer"), hier mit einem Streichinstrument, sitzt zwischen der weißgewandeten Kalliopê (Epik) und der blaugekleideten Terpsichorê (Lyrik), links stehend violett Thaleia (Komödie), zur Mitte hin Kleiô (Historik), an die sich Euterpê (Flöte) anschmiegt; rechts setzt sich die Reihe fort mit der rotgewandeten Ourania (Astronomie), mit Melpomenê (Tragödie), die eine Maske in der Hand hält, und Polyhymnia (Tanz und Geometrie), die zur gelbgewandeten Eratô (Gesang und Tanz) hinschaut, die wir hier in Rückenansicht sehen."
Poesie: Die Muse der Dichtkunst, Terpsichore, und Raffaels Parnaß:

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Die Poesie
Apropos Saint-John Perse. Aus dessen Nobelpreisrede, Stockholm 10. Dez. 1960:

"Stolz des Menschen auf dem Wege unter seiner Last an Ewig-
keit! Stolz des Menschen auf dem Wege unter seiner Bürde
Menschlichkeit, wenn ein neuer Humanismus sich ihm auftut,
ein Humanismus wirklicher Universalität und seelischer Inte-
gralität. Getreu ihrem Amt, das eben in der Ausforschung dieses
Mysteriums des Menschen besteht, hat die moderne Poesie sich
auf ein Geschäft eingelassen, dessen Bewältigung einen Beitrag
zur vollen Integration des Menschen leistet. Eine solche Poesie
hat nichts Pythisches an sich. Doch auch nichts rein Ästhetisches.
Sie ist keine Geschicklichkeit des Leichenschminkers oder De-
korateurs. Sie züchtet keine Kunst-Perlen, schachert nicht mit
Götzen und Emblemen, und kein Ohrenschmaus könnte ihr
je genugtun. Zur Verbündeten in allen ihren Verrichtungen
wählt sie die Schönheit, schließt so ein höchstes Bündnis, und
setzt doch das Schöne nicht als Endzweck, nährt sich auch nicht
von ihm allein. Indem sie sich weigert, die Kunst vom Leben zu
trennen, oder von der Liebe die Erkenntnis, ist sie Aktion, ist sie
Passion, ist sie Leidenschaft, Macht und Mächtigkeit, und
Neuerung immer, welche die Grenzen verschiebt. Die Liebe ist
ihr feuriger Herzpunkt, die Widersetzlichkeit ihr Gesetz, und
ihre Stätte ist überall, in der Vorwegnahme. "
Die Poesie

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Sonntag, 17. April 2011
Nochmal Arthur Rimbaud


Augustin Brunault, Oct. 2007: Arthur Rimbaud: Ophélie
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Ophelia



I

Auf stiller, schwarzer Flut, im Schlaf der Sternenfeier,

Treibt, einer großen Lilie gleich, Ophelia,

Die bleiche, langsam hin in ihrem Schleier.

Man hört im fernen Wald der Jäger Hallalia.



So, weißes Traumbild, länger schon als tausend Jahre,

Ophelia auf dem schwarzen Wasser traurig zieht;

Ihr sanft verstörter Geist, schon mehr als tausend Jahre,

Singt leis im Abendhauche sein romantisch Lied

.

Der Wind küsst ihre Brust und bauscht des Schleiers Seide,

Wie eine Dolde auf, vom Wasser sanft gewiegt,

Auf ihrer Schulter, leis erschauernd, weint die Weide,

Auf ihrer großen Stirne Traum das Schilfblatt liegt.



Die Wasserrose seufzt, berührt von ihrem Schweben,

Zuweilen, aus dem Schlaf in einem Erlenbaum,

Weckt sie ein Vogelnest, draus bang sich Flügel heben.

Geheimnisvoll fällt Sang aus goldner Sterne Raum.





II

O du, so schön wie Schnee, Ophelia, du bleiche,

Du starbst, von einem Strom fortgerissen, Kind!

Denn, leisen Lautes, von der herben Freiheit Reiche

Sang in Norwegens hohen Bergen dir der Wind.



Ein unbekannter Hauch hat seltsam arge Kunde,

Dein Haar durchwühlend, deinem Träumergeist gebracht;

Dein Herz, es fühlte sich mit der Natur im Bunde,

Hört klagen es im Seufzerlied der Nacht.



Des Meeres toller Ruf, ein Stöhnen, groß und bitter

Zerbrach dein Kinderherz, zu menschlich und zu weich;

Und eines Morgens im April, ein Ritter

Saß stumm an deinen Knien, so verstört und bleich.

Vom Himmel, Liebe, Freiheit hat dein Traum gesprochen,

Dran, Törin, du zergingst, wie Schnee, von Glut verzehrt.

Erstickt von tiefer Schau ist dir dein Wort zerbrochen.

- Des Alls Entsetzen hat dein blaues Aug zerstört.





III

Der Dichter sagt, dass in der Nächte Sternenfeier

Du die gepflückten Blumen suchst, dass er gewahrt,

Hintreibend auf der Flut, auf ihrem langen Schleier,

Ophelia, große, weiße Lilie, gebahrt!

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Odilon Redon: Ophelia:
Nochmal Arthur Rimbaud

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